Sonntag, 26. Juli 2009

Zwischen Eutin und Mönchengladbach

30. Juni 2009
Vor Gericht in Oldenburg (Schleswig-Holstein)

Diese Großmutter ist in heller Aufregung, diese Großmutter ist mit den Nerven fertig, diese Großmutter macht sich Sorgen um ihre Tochter, diese Großmutter hat am 29. Juni 2009 Post aus Mönchengladbach bekommen, eine Antwort auf ihre Dienstaufsichtsbeschwerde gegen das Jugendamt, gerichtet an Oberbürgermeister Norbert Bude, der sich auch herausgehalten hat, als es um Jessica Müller ging, die aus immer noch merkwürdigen Gründen in einem Kinderheim gelandet ist und dort inzwischen ihren 12. Geburtstag feierte.

„Man kommt gegen diese Behörden nicht an“, sagt diese Großmutter. Auch nicht vor Gericht? Bei einem Termin vor dem Amtsgericht in Oldenburg (Schleswig-Holstein) soll der Richter einleitend gesagt haben: „Mich verbindet mit dem Schwager des Beklagten eine Segler-Freundschaft. Deswegen können Sie mich ablehnen. Dann bekommen Sie Y als Richter."

Scheint zu stimmen: Vor Gericht und auf hoher See…Diese Großmutter will belegen, was sie erzählt. Ein Teil der Geschichte spiele auf Fehmarn, ein anderer in Eutin, der dritte in Mönchengladbach. „Ich habe mich auch schon an die Presse gewandt“, berichtet sie. Doch für die sei die Geschichte von ihrer Tochter und von ihren Enkeln wohl nicht sensationell genug: „Die wollen einen Selbstmord oder etwas in der Art, bevor sie sich mit einem Thema beschäftigen.“

Ergo: Wird die Geschichte demnächst hier erzählt. Die auch ein Landrat nicht hören wolle, weiß diese Großmutter inzwischen, dass die Familie zwar unter dem Schutz des Grundgesetzes steht, aber das scheint es auch schon gewesen zu sein, wenn sich Politikerinnen und Politikern mit dem Verhalten von Jugendämtern beschäftigen müssten. Nicht nur Edmund Stoiber seinerzeit als Ministerpräsident scheint nicht so recht weiter zu wissen, wenn es um Kinder geht. Das hat er wohl bewiesen, als er eines Tages sagte: “Kinder sind…ähm…“ Genau.

8. Juli 2009
Richter droht mit Sorgerechtsentzug

“Daneben fühlt Anton sich durch das nach wie vor bestehende Spannungsfeld so unter Druck gesetzt, dass er derzeit einen persönlichen Kontakt zu Ihnen nicht wünscht. Anton ist es wichtig, dass er zur Ruhe kommen kann und sich dadurch für ihn die Chance entwickelt, die bestehenden Probleme aufzuarbeiten.” Diese Antwort bekommt Verena R. aus Mönchengladbach am 17. Oktober 2007 aus Eutin.

Ihr Sohn hat im Jahre 2006 die Sommerferien bei seinem Vater auf Fehmarn verbracht, der damals 14-Jährige bleibt auf der Insel, der Ex-Mann von Verena R. stirbt am 6. November 2006 und hinterlässt ein Vermögen von 3 Millionen Euro, das Eutiner Jugendamt empfiehlt: “Der Junge bleibt, wo er ist.” Anton lebt bei der Familie des Testamentsvollstreckers. Damit erklärt sich Verena R. am 8. August 2007 vor dem Amtsgericht in Oldenburg (Schleswig-Holstein) einverstanden, der Richter soll im Falle der Ablehnung mit der Einleitung eines Sorgerechtsentzugsverfahrens von Amts wegen gedroht haben.

Darauf weist die Mutter von Anton das Eutiner Jugendamt am 11. Oktober 2007 schriftlich hin, schildert das aus Ihrer Sicht bislang Geschehene und beginnt ihren Brief mit dem Hinweis, dass diese Behörde nach dem Amtsgerichtsbeschluss die Hände in den Schoss gelegt habe, weil auch schon einmal behauptet werde, das Mönchengladbacher Jugendamt sei zuständig. Zudem wisse sie zu wenig über Antons Pflegefamilie.

Die Eutiner Behörde antwortet am 17. Oktober 2007 nicht nur mit der Anmerkung, dass Anton “zur Ruhe” kommen wolle, sie liefert auch ein paar Informationen über die Pflegeeltern, die drei Kinder haben, die Frau arbeite als Studienrätin, der Mann als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, hinzugefügt wird: “Von Seiten der Familie C. wurde Ihr Umgangsrecht nie in Frage gestellt. Familie C. zeigt stets ihre Bereitschaft zu Gesprächen und zur Mitarbeit.”

Den Verdacht, dass Anton negativ beeinflusst wird, wird Verena R. allerdings nicht los. Einige Behauptungen hat sie laut Schreiben vom 11. Oktober 2007 längst widerlegt, dazu hätten gehört: ein Anruf bei der Schule ihres Sohnes und ein Brief an die Schule. Andere Vorwürfe seien vom Eutiner Jugendamt ungeprüft übernommen worden.

10. Juli 2009
Fax an Pressestelle der Stadt Mönchengladbach

Betr. Az 51.96.07-22534

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Rathaus auf Fehmarn hat am 22. Juni 2009 ein Hilfeplangespräch stattgefunden, bei dem es um Anton R. ging, der 2006 die Sommerferien auf der Insel bei seinem Vater verbracht hat und dort geblieben ist. Nach dem Tod seines Vaters am 6. November 2006 wurde der Junge schließlich von einer Pflegefamilie aufgenommen. Antons derzeitiger Pflegevater ist gleichzeitig Testamentsvollstrecker für das Erbe des Jungen.

Bei dem Hilfeplangespräch (HPG) anwesend waren Anton R., der Pflegevater, drei Vertreter des Kreises Ostholstein und mit Frau A. und Frau W. zwei Vertreterinnen des Mönchengladbacher Jugendamtes. Das HPG-Protokoll fertigte Frau W. an. Die leibliche Mutter und die Pflegemutter waren bei diesem Gespräch verhindert.

Erste Frage: Wie lange sind die beiden Mitarbeiterinnen des Mönchengladbacher Jugendamtes auf Fehmarn geblieben?

Zweite Frage: Wie hoch waren die Kosten?

Laut HPG-Protokoll soll Anton bei diesem Gespräch gesagt haben, dass der Kontakt zu seiner Großmutter gut sei, zu seinem Bruder Clemens kontinuierlich, zu seiner Schwester und zu seiner Mutter habe er derzeit keinen Kontakt. Mir dagegen liegt eine Dienstaufsichtsbeschwerde der Großmutter von Anton vom 25. Mai 2009 vor, die sich auch gegen Frau W. vom Mönchengladbacher Jugendamt richtet. Darin heißt es, dass „die übrige Familie seit drei Jahren keine Beziehung mehr (zu Anton) hat“. Sie habe den Verdacht, dass ihr Enkel massiv negativ beeinflusst werde.

Dritte Frage: Laut HPG-Protokoll ist Anton am 22. Mai 2009 (Geburtstagsfeier) und vom 12. auf den 13. Juni 2009 bei seiner Großmutter gewesen. Drei Tage nach ihrem Geburtstag beschwert sich die Großmutter beim Oberbürgermeister von Mönchengladbach darüber, dass bislang weder die Pflegeeltern noch das Jugendamt etwas unternommen hätten, um den Umgang von Anton mit seiner Großmutter, seiner Mutter und seiner Schwester zu fördern. Wie erklären Sie sich diesen Widerspruch?

In dem HPG-Protokoll wird auch wieder gegeben, dass Anton noch einmal auf Ereignisse aus den Jahren 2006 und 2007 zurück gekommen sei. Das Verhältnis zu seiner Mutter sei damals schwierig gewesen, deshalb sei er zu seinem Vater gefahren und dort geblieben. Außerdem habe seine Mutter in jener Zeit „Menschen, die ihm sehr viel bedeuten, terrorisiert und konsequent beschuldigt“.

Vierte Frage: Aus welcher Quelle hat der Junge das?
Fünfte Frage: Stimmt es, dass der Mutter von Anton bis heute nicht verraten worden ist, wen sie „terrorisiert und konsequent beschuldigt“ haben soll?

Laut HPG-Gespräch stellt Anton Bedingungen für den Umgang mit seiner Schwester und mit seiner Mutter. Die Mutter soll nichts Schlechtes über die Pflegefamilie sagen, die Schwester soll zum Streit um das Erbe nichts sagen.

Sechste Frage: Wenn das Bedingungen für ein Familienleben sein sollen, wie vielen Familien müssten dann nach Ihrer Meinung zumindest vorübergehend die Kinder weggenommen werden?

Als Ziel wird in dem HPG-Protokoll angegeben „Verbleib bis zur Verselbständigung“, obwohl der Pflegevater laut Protokoll gesagt haben soll, der Junge sei bereits „sehr selbstständig“.

Siebte Frage: Wenn glaubhaft ist, was der Pflegevater sagt, warum kehrt der Junge dann nicht umgehend in seine Familie zurück?

Achte Frage: Was hat man sich unter „Verselbständigung“ vorzustellen, da dieses Wort doch eigentlich auf Ereignisse angewendet wird, die außer Kontrolle geraten sind („das hat sich irgendwann verselbstständigt, sagt man dann)?

10. Juli 2009
Angreiferin wie starr - Jugendamt auch?

14. Januar 2009, Jugendamt in Mönchengladbach: Eine junge Mutter will ihre Kinder wieder haben, schreit und hält die Klinge eines Messers an den Hals einer Mitarbeiterin, eine Kollegin will zu Hilfe eilen, sie sagt vor Gericht aus: “Ich habe versucht, die Angreiferin wegzuziehen, aber es ging nicht mehr. Sie war wie starr.” Das berichtet die “Rheinische Post” in diesen Tagen. Sieben Wochen sei das Opfer nach diesem Überfall krank gewesen, heute arbeite diese Verwaltungsangestellte nicht mehr im Jugendamt. Das hat neuerdings einen Alarmknopf. Denn gewalttätige Übergriffe gibt es nach Behördenangaben immer häufiger.

Und was geschieht? In Kommentaren auf den Internet-Seiten der “Rheinischen Post” kommt es nun nicht etwa gehäuft zu Verurteilungen von Gewalt gegen Jugendamtsmitarbeiterinnen in Mönchengladbach, es hagelt statt dessen geradezu Kritik an der Arbeitsweise dieser Behörde. Darüber ist eine Kommentatorin dermaßen entsetzt, dass sie sich ebenfalls zu Wort meldet und Mitleid mit betroffenen Eltern bekundet. Das man doch eigentlich mit einer Überfallenen haben müsste, die ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen kann.

Schreckt das jemanden im Rathaus auf? Offenbar nicht. Das Jugendamt jedenfalls macht weiter wie gehabt. Und ist gelegentlich auch auf Reisen. Zwei Mitarbeiterinnen legen am 22. Juni 2009 sogar um die 480 Kilometer zurück, steuern das Rathaus von Fehmarn an und führen ein Hilfeplangespräch (HPG) über Anton R. Die Mutter ist verhindert, bekommt in diesen Tagen das HPG-Protokoll und hat Fragen. Die will sie den beiden Mitarbeiterinnen stellen, die auf dieser Insel nicht nur im Rathaus, sondern auch bei der Pflegefamilie von Anton gewesen sind. Doch: Sie sind nicht mehr zuständig. Und der Jugendamtsmitarbeiter, der jetzt die Akten auf dem Schreibtisch liegen hat, muss sie erst noch öffnen.

Etwas mehr weiß wohl der Leiter der Behörde. Der ruft heute die Mutter von Anton in Mönchengladbach an und verschwindet gleich wieder in seinem behördlichen Schneckenhaus. Berichtet Verena R. Die Gründe seien gewesen: Es gebe eine Petition, eine Klage und seit ein paar Stunden auch eine schriftliche Anfrage von einem Redakteur aus Wilhelmshaven. Stimmt. Acht Fragen habe ich an die Pressestelle der Stadt Mönchengladbach zu dem Hilfeplangespräch vom 22. Juni 2009 gerichtet.

17. Juli 2009
Aus Liebe wird Hass

Wenn man an die Pressestelle der Stadt Mönchengladbach acht Fragen schickt, bekommt man acht Antworten? Neun! Entschuldigung: Nein. Kenne ich bereits vom Fall Jessica Müller, die immer noch in einem Kinderheim lebt, endlich umgangsgepflegt wird, soll heißen: Die Eltern dürfen ihre 13-jährige Tochter wieder besuchen, während sich eine Amtsperson um den Behördenkram kümmert und dem Vater ihr Unverständnis für das bislang Geschehene bekundet. So bleibt man am Niederrhein in der Übung und lernt aus Fehlern, die eigentlich gar nicht gemacht werden dürften.

Wie jetzt auch bei Anton R. Von in diesem Fall zwei Jugendämtern. Bei einem Hilfeplangespräch (HPG) auf Fehmarn behauptet der 16-Jährige am 22. Juni 2009, sein Kontakt zu seiner Großmutter sei gut, zu seinem Bruder Clemens kontinuierlich, mit seiner Mutter in Mönchengladbach und mit seiner Schwester pflege er keinen Kontakt. Von seiner Mutter verlangt Anton R. “Friedenspflicht”, gemeint ist: Sie soll nichts Schlechtes mehr über seine Pflegefamilie sagen. Nachgehakt hat offenbar niemand. Der Vorwurf, der sich hinter dieser Bedingung verbirgt, bleibt im Raum stehen und wird von einer Mitarbeiterin des Mönchengladbacher Jugendamtes zu Papier gebracht.

Munter wärmt der 16-Jährige alte Geschichten auf, die zudem nicht zu anderen Familiengeschichten passen, die den Behörden bekannt sind. Siehe Clemens, der inzwischen 20 Jahre alt ist, ebenfalls auf Fehmarn lebt und eine Zeitlang in Australien gewesen ist. Von dort bekommt Verena R. am 22. August 2006 eine mail, in der sich ihr Sohn für seine Schreibfaulheit entschuldigt, seiner Mutter versichert, dass er keine bessere Mutter haben könne, er die Trennung seiner Eltern bedauert und feststellt, dass der Umgang mit seinem Bruder Anton nicht immer leicht sei. Aber so sei das eben unter Geschwistern.

Drei Monate später stirbt der Vater auf Fehmarn, Clemens gibt dem heutigen Pflegevater von Anton am 22. Dezember 2006 eine Vollmacht für alle existierenden und zukünftigen Bankkonten und schreibt am 28. Mai 2008 einen Brief an das Amtsgericht in Oldenburg in Holstein, in dem er dafür plädiert, dass sein kleiner Bruder auf Fehmarn bleiben darf, weil eine Rückkehr zu seiner Mutter für Anton eine “Katastrophe” wäre.

Knapp zwei Monate später beschimpft Clemens seine Mutter in einer mail derart, dass einem beim Lesen die Spucke weg bleibt. Seine Hasstiraden beginnen mit dem Satz: “So Vera nun ist der Bock aber fett, halt dich raus du olle pissnelke!!!” Wenn sich Verena R. noch einmal auf Fehmarn blicken lasse, werde er ihr Beine machen, außerdem gehöre sie in die Hölle. In einer anderen mail hat er seine Mutter bereits für den Tod seines Vaters verantwortlich gemacht.

Bei dem Hilfeplangespräch am 22. Juni 2009 sagt Anton also, dass er “kontinuierlichen Kontakt” mit seinem älteren Bruder habe und niemand fragt: “Würde sich auch Clemens an die von dir geforderte Friedenspflicht halten”?

Weitere Berichte auf www.readers-edition.de und www.sajonara.de

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ein "millionenschweres" Kind...wird in Pflege genommen....Ein Schelm, wer Böses dabei denkt....

Da darf man gespannt sein, wieviel von dem Vermögen noch übrig ist, wenn dieser Junge erwachsen sein wird. Vielleicht gibt es zur Perfektion des "Kindesunwohls" hier dann vom gegründeten Verein die Möglichkeit einer Fortsetzung der Pflegschaft? ;-)

Könnte doch sein, dass dieser Junge aufgrund seiner traumatischen Erlebnisse gar nicht mehr in der Lage sein wird, Verantwortung für seine persönlichen Angelegenheiten zu übernehmen.....und sich deshalb auch ein Richter oder eine Richterin findet die zu einem solchen logischen Schluss kommt....