Montag, 7. Dezember 2009

Förderschulen

7. Dezember 2009
Ein Junge darf wieder zur (Regel-)Schule

Nach über zwei Jahren darf Adrian Klinik aus Groß-Gerau wieder zur (Regel-)Schule. Das zuständige Schulamt hat vor dem Darmstädter Verwaltungsgericht einem Vergleich zugestimmt. Der Kampf der Eltern um die Zukunft ihres Jungen, der eine Heimschule besuchen würde, wenn es nach den Behörden gegangen wäre, ist erst einmal beendet. Ob er vorbei ist, muss sich erst noch zeigen. Behörden, die eine Niederlage eingesteckt haben, können nachtragend sein. Die Schulpflicht des Jungen hat über zwei Jahre lang „geruht“ - hoffentlich ruht nun auch das Schulamt.


„Ende des Aussortierens - Eine Konvention der Uno verändert den deutschen Bildungsalltag: Immer häufiger klagen Eltern mit Erfolg dagegen, dass ihre Kinder auf Sonder- oder Förderschulen geschickt werden“, berichtet der „Spiegel“ heute über Adrian Klinik. An der ersten Schule ist der inzwischen Elfjährige gemobbt worden, an der zweiten Schule bekam er ebenfalls keine Chance. Die Akte des Jungen war schneller in der neuen Schule als er selbst.

Die Förderschule ist ein teurer Irrweg, 2,6 Milliarden Euro geben die Bundesländer jährlich für zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer aus - damit Kinder immer mehr den Anschluss verlieren? Da muss erst mit einer Uno-Konvention ein Riegel vorgeschoben werden, damit sich etwas ändert? Angeblich sind die Kultusministerien aufgeschlossen, seit Förderschulen besser wieder geschlossen werden. Das für Adrian Klinik zuständige Schulamt ist immer anderer Meinung gewesen. Eine Mitarbeiterin beklagte sich über öffentliche Kritik und verdrehte ein wenig die Tatsachen.

Das dafür erdachte Wort heißt Kindeswohl. Ein zweites Zauberwort heißt: Erziehungsfähigkeit. Schon ist so manches Mädchen und so mancher Junge weg. In einem Heim. Bei Pflegeeltern. Zurück bleiben verzweifelte Eltern, von denen viele nur einen Ausweg sehen: Sie wenden sich an internationale Organisationen. Die lesen Deutschland die Leviten, kommen zu dem Schluss, dass deutsche Jugendämter nicht so arbeiten, wie das europäische Recht es verlangt.

Auch ein lediger Vater ist in Deutschland von Gericht zu Gericht gelaufen. Überall ließ man ihn ins juristische Messer laufen. Das Bundesverfassungsgericht fürchtete gar Konflikte zwischen Mutter und Vater, wenn man beiden gleiche Rechte einräumt. Also lautete der Beschluss: Wenn alle Stricke reißen, bekommt die Mutter das Seil und bestimmt, wie weit das Kind laufen darf. Auch damit hat nun ein europäisches Gericht Schluss gemacht.

Man mag Europaskeptiker sein oder nicht - man mag die Globalisierung fürchten oder begrüßen: Wenn es um die Rechte von Kindern in Deutschland geht, müssen eigentlich nur Behörden davor Angst haben.

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1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Mir ist über drei Ecken (Maulwurf Jugendamt ;-)) ) der aktuelle Stand in der Sache zu Ohren gekommen:

Da man sich an anderer Stelle deutlich bedeckt zu halten scheint, aber nach wie vor nach der SPIEGEL-Berichterstattung öffentliches Interesse besteht, will ich gerade mal berichten, was mir da hinter vorgehaltener Hand zugetragen wurde:

In der öffentlichen Gerichtsverhandlung Ende November wurde entschieden, dass der Junge wieder zur Schule gehen darf, das Schulamt alle Ruhensanordnungen zurücknimmt. Eine Regelschule wurde ebenfalls genannt.
Die Beschulung soll mit einem zusätzlichen Integrationshelfer erfolgen, damit der Junge nicht abermals wieder Opfer von Mobbingattacken wird.
Das Jugendamt stimmte dieser Lösung zu und schickte einen Bescheid über Kostenübernahme. Das Jugendamt bestand gleichzeitig darauf, dass der Integrationshelfer über eine Jugendhilfeeinrichtung zu stellen wäre.

Darauf entschied sich die Familie für so eine Einrichtung und erhielt eine Zusage von der Einrichtung wie auch vom Jugendamt noch vor Weihnachten. Es sollte eigentlich zeitnah ein Erstgespräch zum Thema "Aufgaben des Integrationshelfers" stattfinden. Dies wurde vom Jugendamt dann mehrfach abgesagt (u.a. wegen Erkrankung der zuständigen Mitarbeiterin, obwohl es eine eigentlich zuständige Vertretung gibt).

Inzwischen hat das betreffende Gespräch offenbar stattgefunden, über 7 Wochen nach der Gerichtsverhandlung. Entgegen der Ankündigung aber nicht zum Thema "Aufgaben des Integrationshelfers", sondern wohl ausschließlich zur Frage "Berichterstattung im Internet über den Fall".

Einrichtung und Jugendamt wollten wohl eine mündliche Verpflichtungserklärung der Familie, dass keinerlei Berichterstattung mehr stattfindet, obschon sie wissen, dass ohnehin die Familie selbst nie etwas schrieb.

Bei Berichterstattung egal wo egal von wem würde man die Hilfe für den Jungen sofort einstellen (also folglich den Schubesuch verunmöglichen).

Meine Einschätzung dazu ist:
Wie könnte die Familie denn lückenlos garantieren, dass niemand mehr im Internet über diesen Fall schreibt? Das könnten sie doch allenfalls für sich selbst tun, niemals aber für alle sonstigen Mitleser oder andere Personen?

Persönlich halte ich dieses Ansinnen des Jugendamtes für einen neuen Versuch im Sinne einer gesetzeswidrigen Nötigung. Sicher weiß das Jugendamt das auch, und will schon aus diesem Grund nur eine mündliche Bestätigung statt eines schriftlichen Vertrages.

Tim L.