Sonntag, 18. Mai 2014

Gewalt-Videos

"Sie hängen wohl schon wieder zusammen." Berichtet eine Wilhelmshavenerin. Gehört hat sie das von einem Nachbarn der Opfer-Familie. Sie - das wären eine 14-Jährige, eine 17-Jährige und ein 17-Jähriger. Außerdem die Gaffer. Die 14-Jährige ist am 5. Mai 2014 auf einer Brücke von den beiden 17-Jährigen überfallen worden. Sie traten auf ihrem Opfer herum, als es bereits am Boden lag. Herumstehende filmten den Überfall, die Videos landeten im Netz und wurden bei Facebook verbreitet. Die Veröffentlichung sorgte für Entsetzen, andere schrien nach Lynchjustiz, die im Netz organisiert werden sollte. 40 Rabauken zogen los und warfen bei einem der vermutlichen Täter Scheiben ein.

"Wagner sagt Sätze wie: "Wir brauchen eine Kultur des Hinsehens" und: "Jede Form von Gewalt ist zu verurteilen". Außerdem habe sich die Zahl der jugendlichen Gewalttaten seit 2008 halbiert, auf jetzt 93 im Jahr 2013. Später schreibt seine Pressestelle, dass das städtische Jugendamt Antiaggressivitätskurse mit "0,5 Stellen im Jugendamt und 733 eingekauften Fachleistungsstunden" anbietet. Ist das jetzt viel oder wenig?" Schreibt und fragt am 15. Mai 2014 die "Welt".

Andreas Wagner ist seit November 2011 der Oberbürgermeister von Wilhelmshaven. Braun gebrannt und mit gut sitzendem Anzug soll er laut "Welt" vor den Fernsehkameras gestanden haben, als etwa 200 Wilhelmshavenerinnen und Wilhelmshavener auf dem Valoisplatz gegen Gewalt protestierten.

Die von dem Opfer, von den beiden Tätern und den Gaffern längst wieder abgehakt worden ist? Sie hängen erneut zusammen - wie Gerüchten zufolge schon lange auf merkwürdige Weise? Die 14-Jährige soll schon zweimal schwanger gewesen sein, bei dem Überfall am 5. Mai 2014 hat sie diesen Gerüchten zufolge wieder ihr Baby verloren. Die 17-jährige Schlägerin sei von dem 17-jährigen Schläger schwanger. Die "Welt" deutet eine "Dreiecksbeziehung" nur an.  Das Trio soll im Netz Nacktaufnahmen veröffentlicht haben.

Derzeit scheint jede und jeder aus Wilhelmshaven etwas über diese Kinder und Jugendlichen zu wissen, die sich angeblich auch nach dem Überfall auf dem Schulhof der Integrierten Gesamtschule treffen. Ein Wilhelmshavener erzählt, dass die 17-jährige Schlägerin schon in einer Jugendhilfeeinrichtung und dann im Gefängnis gewesen sei. Das System habe offenbar versagt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchter Tötung.

Wilhelmshaven ist eine tote Stadt, stellt in der "Welt" ein Rapper fest. Diese tote Stadt entlässt ihre Kinder, die sich täglich anhören müssen, wie hoch die Arbeitslosigkeit ist? Dass Wilhelmshaven verfällt, sehen sie, wenn sie aus dem Haus gehen. Wie rüpelhaft sogar Politiker miteinander umgehen, könnten die Kinder von Wilhelmshaven erfahren, wenn sie sich dafür noch interessieren würden. Über "Kultur des Hinsehens" können viele von ihnen nur noch müde lächeln. Hinsehen könnte in Wilhelmshaven nämlich zu einem Nervenzusammenbruch führen.

In solchen Fällen diskutieren Experten über den Sinn oder Unsinn von Gefängnisstrafen, als könne man den Teufel mit dem Belzebub austreiben. Oberbürgermeister Andreas Wagner steht derweil der Sinn nach dem Ausbau von Ganztagsschulen in Wilhelmshaven: "Dann kommen junge Leute gar nicht erst auf solche Ideen." Wirklich?

Die Brücke des Überfalls ist vorher schon einmal ein Thema gewesen. Anlieger beschwerten sich über Müll und laute Treffen junger Leute. Ein SPD-Ratsherr sah sich dort sogar um. Geschehen ist aber nichts? Weil auch Verwaltung und Rat die "Kultur des Hinsehens" nicht pflegen?